JA - Zeitschrift - Jan./Febr. 2023
Was ist Freude? Was heißt es, ein Mensch zu sein, der sich freuen kann? Bin ich vielleicht ein spirituell fortgeschrittener Mensch, wenn ich mich immer gut gestimmt fühle? Ist es womöglich mein Verdienst, wenn in meinem Leben alles rund läuft? Und mein Versäumnis oder Versagen, wenn das nicht so ist?
Das so zu sehen, wäre, finde ich, ungerecht all den Menschen gegenüber, die unter teils entsetzlichen Umständen leben. Menschen, die selbst dann noch versuchen, ihren Kindern und anderen Lieben Freude, und Geborgenheit, zu vermitteln, wenn sie selber leiden. Im Auf und Ab des Lebens ist Freude nicht immer das naheliegende Gefühl. Das schlimmste Leid für einen mitfühlenden Menschen ist es, das Leid anderer zu sehen und nicht helfen zu können.
Ich kann mich unglaublich freuen: Über den kleinsten Glücksaugenblick – wenn etwa ein Schmetterling sich auf meiner Hand niederlässt oder ein Vogel singt, empfunden: ganz für mich –, über ein liebes Lächeln oder über das unschuldige Vertrauen kleiner Wesen, sei es ein Mensch, eine Katze oder ein anderes Tier. Und doch gab es daneben seit früher Kindheit immer schon auch tiefe Trauer über großen Verlust...